Notunterkunft für Asylbewerber in Steffisburg

In alle den weltweiten politischen und wirtschaftlichen Wirren geht es der Wirtschaft und dem Volk in der Schweiz im internationalen Vergleich sehr gut. Als Folge daraus hat sich unser Land zu einem attraktiven Einwanderungsland entwickelt und unsere Bevölkerung wächst von Tag zu Tag. Unbestritten ist, dass unsere wirtschaftlichen Erfolge zu einem beachtlichen Teil auf dem Zustrom ausländischer Fachkräften basieren. Schon eher bedenklich ist die Überlegung, dass die Zukunft unserer Vorsorgewerke nur noch dank den regelmässigen Zuzügen neuer ausländischer, beitragszahlender Arbeitnehmer gesichert werden kann. Ein Blick in das nördliche Afrika oder den nahen Osten zeigt auch, dass die Schweiz nach wie vor eines der sichersten und politisch stabilsten Länder ist.

Der Schweiz ist „die Insel der Glückseligen“. Dieses Bild des Glücks strahlt weit hinaus in die Welt und es ist somit nicht weiter verwunderlich, dass sehr viele weniger Glückliche oder Unglückliche den Weg in unser „Paradies“ suchen, um am Glück teilzuhaben.

Zu den Unglücklichen zählen primär die Asylsuchenden. Mit Ernüchterung stellen wir fest, dass wenige Flugstunden von uns entfernt gnadenlose Kriege geführt werden, aber auch Länder liegen, deren Wirtschaft aus welchen Gründen auch immer, selbst ihrer leistungsbereiten Bevölkerung keine Chance auf einen gesicherten Lebensunterhalt bieten können. Es sind dann vor allem die Jungen, Unabhängigen und Mutigen aus diesen Ländern, die „das Glück in der Ferne“ suchen, und bedingt durch die religiöse und kulturelle Herkunft sind dies mehrheitlich Männer.

Da der Kanton Bern im Durchschnitt der letzten Monate rund 2'000 Asylsuchende mit hängigen Verfahren unterzubringen hat, erhielt die Gemeinde Steffisburg vom Migrationsdienst der Kantons Bern ein Gesuch für die Miete der Zivilschutzanlage Glockenthal als Notunterkunft. Der Gemeinderat kam zum Schluss, dass Steffisburg als eine der grössten Gemeinden des Kantons Bern einen Teil der Last des Kantons tragen müsse und könne. Er stimmte dem Gesuch zu.

In der Folge haben im Dezember 2012 erste „Glücksuchende“ auch das „Paradies Steffisburg“ erreicht. Alle Beteiligten waren sich von Anfang an bewusst, dass die Unterbringung von bis zu hundert jungen Männern, aus rund dreissig Nationen in einer fensterlosen Zivilschutzanlage und noch dazu mitten in einem Wohnquartier eine grosse Herausforderung darstellen würde.

Heute, nach mehreren Monaten Betrieb der Notunterkunft ziehen wir Bilanz:

  • Die Thematik Asylwesen löst bei der Bevölkerung eine grosse Verunsicherung aus und es bestehen viele Vorurteile. Durch offene, umfassende und sachliche Information lassen sich      viele offene Fragen beantworten.
  • Die Asylproblematik lässt sich allein durch Verdrängung und Ablehnung nicht lösen. Steffisburg hat bewiesen, dass mit sachlicher, zielorientierter und kooperativer Zusammenarbeit aller Beteiligten auch schwierige und unangenehme Aufgaben erfolgreich bewältigt werden können.
  • Im Kontakt mit Asylsuchenden erfährt man von persönlichen Schicksalen und allerlei Beweggründen zum Verlassen der Heimat. Eine Vielzahl unsere Probleme relativieren sich und erscheinen uns danach klein und vernachlässigbar.
  • Bei der Bewältigung der Asylproblematik sind den Kantonen die Hände gebunden. Proportional zur Wohnbevölkerung haben sie Asylbewerber aufzunehmen, ohne dass sie über geeignete Infrastrukturen verfügen. Sie sind auf eine Kooperation der Gemeinden angewiesen.
  • Unterirdische, fensterlose Zivilschutzanlagen eignen sich nur bedingt als Unterkünfte. Die beengenden, stickigen Verhältnisse führen zwangsläufig zu Reibereien und Konflikten. Um menschenwürdige Verhältnisse zu schaffen, braucht es Unterbringungsmöglichkeiten mit Tageslicht und Bewegungsräumen im Freien.
  • Auf eidgenössischer Ebene besteht dringendster Handlungsbedarf. Die Durchlaufzeiten für die Bearbeitung von Asylgesuchen müssen drastisch verkürzt werden. So kann es nicht sein, dass sich unechte, oft auch renitente Asylbewerber über Jahre in der Schweiz aufhalten, von unseren Leistungen profitieren und nicht zuletzt den Platz für echte Asylbewerber versperren.

 

 

Stefan Schneeberger

Gemeinderat

Departementsvorsteher Sicherheit