Das Wahlpodium war äusserst interessant; die Diskussionen und die Beantwortung von Fragen aus dem Publikum dauerten sage und schreibe mehr als zwei Stunden. Es hätten noch etwas mehr Zuhörende im Singsaal Platz gehabt. Und wie (fast) immer: Die Abwesenden hatten Unrecht!
Claudine Esseiva, FDP, Bern, musste leider im letzten Moment wegen starkem Fieber und Grippe ihre Teilnahme absagen.
Im Folgenden können wir hier den sehr guten Bericht von Stefan Kammermann im Thuner Tagblatt vom 19. September 2015 wiedergeben:
Von A wie AHV bis W wie Wahlen
Gleich sechs Nationalratskandidaten aus der Region warben auf Einladung der FDP Steffisburg an einem öffentlichen Wahlpodium um Stimmen. Ein ganzes Sammelsurium an Themen wurde intensiv diskutiert.
«Wir wollen nahe zu den Bürgern und mit ihnen in den Dialog kommen», sagte Konrad E. Moser.
Damit leitete der Präsident der FDP-Ortssektion Steffisburg am Donnerstagabend ein Wahlpodium ein. Eingeladen hatte die Steffisburger FDP gleich sechs regionale Nationalratskandidaten aus bürgerlichen Reihen. In die Schulanlage Zulg gekommen waren auch rund 30 interessierte Bürgerinnen und Bürger.
«Hat das Unternehmertum in der Schweiz und damit auch die Region angesichts des starken Frankens Nachteile gegenüber dem Ausland?», wollte Marco Zysset, Moderator und Redaktor des Thuner Tagblatts, gleich zu Beginn wissen. «Als Region haben wir nicht wirklich Nachteile. Grundlage für den Erfolg ist die hiesige Mentalität der Menschen, darauf können wir zählen», betonte Unternehmer Markus Wenger (EVP) aus Spiez.
«Zu viel Bürokratie»
Für den Thuner Stadtpräsident Raphael Lanz (SVP) indessen ist klar: «Für KMU gibt es zu viel Bürokratie und zu viele Vorschriften, in dieser Sache müssen wir auf die Bremse stehen.» - «Die Bürokratie machen doch die Politiker», konterte Tom Berger (Jungfreisinnig) aus Worb. Bürokratiebremse sei nur ein Schlagwort für einige Politiker, viel wichtiger sei es für die hiesigen Unternehmen, wenn die Schweiz Freihandelsabkommen abschliessen könne. «Sonst werden wir bald von anderen Ländern überholt», betonte Berger.
Für Yvonne Weber (BDP) aus Steffisburg sind insbesondere faire Löhne wichtig. «Arbeit, die man hier macht, soll auch fair entlöhnt werden, damit bleibt das Geld in der Schweiz», sagte sie.
Viele Herausforderungen ortete FDP-Politiker Peter Dütschler, Präsident von Thun-Thunersee Tourismus, in Sachen Touristik. «Unsere Nachbarn haben nicht geschlafen, wir haben viel Nachholbedarf und sollten unsere Strukturen vereinfachen», betonte er.
«Verfehltes Bildungssystem»
Die Podiumsteilnehmer nahmen sich in der Diskussionsrunde auch des Themas Bildung und des Mangels an Fachkräften an. «Wir haben ein Bildungssystem installiert, das völlig neben den Bedürfnissen läuft», ist sich Tom Berger sicher. Es sei zu stark auf Hochschulabschlüsse ausgerichtet. Ins gleiche Horn stiess auch der Thuner Gemeinderat Konrad Hädener (CVP): «Der Fachkräftemangel ist gegeben, deshalb brauchen wir die Personenfreizügigkeit.»
Hädener ging auch auf die derzeit laufenden Diskussionen rund um die AHV ein. «Eine Mehrbelastung der jungen Leute macht mir Mühe, und die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird bestimmt schmerzen», meinte er.
Einig waren sich die Podiumsteilnehmer, dass es in Sachen AHV eine breit abgestützte, gutschweizerische Kompromisslösung braucht. «Im heutigen Zeitalter ist eine Erhöhung des Rentenalters für beide Geschlechter auf 67 Jahre mit gleichzeitiger Flexibilisierung realistisch», hielt indes der Jungfreisinnige Tom Berger fest. Unterstützung erhielt er dabei von Raphael Land und Markus Wenger. «Eine Erhöhung des Rentenalters ist wahrscheinlich logisch», meinte Lanz.
«Sind ein humanitäres Land»
Angesichts der aktuellen Debatten dieser Tage wurde am Podium ebenso die Flüchtlingsthematik angesprochen. «Die Schweiz soll sich in Zusammenarbeit mit Europa dieses Themas annehmen. Wir sind ein humanitäres Land», hielt Tom Berger fest. Markus Wenger, als kantonaler Präsident der Sicherheitskommission, stellte klar, dass die Schweiz kein Flüchtlingschaos hat, wie es von einigen Exponenten dargestellt werde. «Die Situation wird gut gelöst, ein Zusammengehen der europäischen Länder ist in diesem Fall aber wichtig.»
«Für Ausbau am Lötschberg»
«Würden Sie den Lötschbergtunnel, ausbauen?», wollte schliesslich jemand aus dem Publikum wissen. «Der Tunnel ist ein Nadelöhr, er muss dringend ausgebaut werden», antwortete Yvonne Weber. Überhaupt waren sich die Podiumsteilnehmer in dieser Frage einig. «Der Lötschbergtunnel ist in dieser Form eine Fehlplanung, es wurde einiges falsch gemacht», brachte es Konrad Hädener auf den Punkt.
(Fotos: Peter Glauser)